Der Ruf zur Rückkehr

Sind alle Stufen der Unterwelt erfolgreich durchlaufen, muss der Held den Weg zurück in die Gesellschaft antreten, denn erst durch die Rückkehr in die obere Welt kann er seine Aufgabe vollständig erfüllen, indem er das kostbare Gut zur Anwendung bringt. Erst die Verknüpfung der Erfahrungen von Unter- und Oberwelt bedeuten das Erreichen von Ganzheit, die es dem Helden ermöglicht, das, was der normal Sterbliche nicht kennen gelernt hat, in der Gesellschaft dem Gemeinwohl zugute kommen zu lassen. Sofern er das kostbare Gut nicht geraubt hat und nun zur Flucht gezwungen ist, vergisst der Held häufig die Notwendigkeit der Rückkehr. 1 Er hat sich in der Unterwelt eingelebt oder scheut die Rückkehr aus Angst vor Vergeltung oder Verfolgung. 2

Psychologisch entspricht dies zum einen der Gefahr, den atemberaubenden Bildern des Unbewussten zu erliegen und in eine Psychose zu verfallen. Zum anderen bedeutet es die oft schwerwiegende Herausforderung, sich mit einem Wissen in die Gesellschaft integrieren zu müssen, das bei den Mitmenschen Unverständnis hervorruft und so zu einer ungewollten Vereinzelung führt. Die vollständige Herausbildung des Selbst setzt das Überwinden dieser Hemmnisse allerdings voraus. Weigert sich der Held hartnäckig, zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren, erreicht ihn entweder ein erneuter Ruf, der ihn zum Aufbruch auffordert, oder ein äußeres Ereignis macht das Verlassen der Unterwelt unabwendbar.

In Ms Fall wird die Rückkehr durch einen Ruf eingeläutet, der ihm durch die Polizei angetragen wird. Während sich M bis zu jenem Moment nicht darum bemüht war, mit Hilfe der Behörden seine Identität wiederzuerlangen, nimmt ihm sein Gefängnisaufenthalt diese Entscheidung ab und eine landesweite Suchmeldung wird von der Polizei in die Wege geleitet. Daraufhin meldet sich Ms Frau bei der Polizei, die ihm nun seinen Namen und seine Herkunft mitteilt. Zu jenem Moment weiß M noch nichts von seiner Scheidung, daher ist es für ihn moralisch unabwendbar, zu seiner Ehefrau zurückzukehren. Irma unterstützt diese Verpflichtung, indem sie es als unmöglich erachtet, mit M weiterhin zusammen zu leben, wenn er verheiratet ist.

  1. Vgl. Campbell 1999, S. 188 f
  2. Vgl. Vogler 1997, S. 304